Bühne frei!
Häufig sind sie es leider dennoch – in ehrkulturellen Milieus. Schon jungen Männern geht hier die Familienehre über alles. Sehen sie diese verletzt, antworten sie mit Gewalt gegen Frauen und Mädchen, also etwa an Schwester oder Mutter. Das Integrationsprojekt HEROES® Steiermark begegnet dem überraschend anders und ist gerade deshalb erfolgreich.
be inspired.
Von theaterpädagogisch bis heldenhaft
Puh, wie bringt man Burschen und junge Männer dazu, ein Beziehungsgefüge zu hinterfragen, in dem sie feststecken – weil es von patriarchalen Werten, Normen und Verhaltensmustern wie Ehrenmord geprägt ist? Also von Männern selbst geprägt ist, die sich damit besserstellen als ihre weiblichen Familienmitglieder. Und wie schafft man es dann sogar, dass sich die männlichen 16 bis 22-Jährigen selbst für ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Frauen und Männern einsetzen? Ur-spannend: indem sie an einem Projekt teilnehmen, das Theater und Pädagogik miteinander verbindet!
Gleichberechtigung – aus Sicht der „anderen“
Bei HEROES® Steiermark werden „Als-ob-Situationen“ geschaffen. Das heißt: Mithilfe von szenischem Spiel schlüpfen die jungen Männer in ungewohnte Rollen, um sich ihrer ehrkulturellen Alltagsrealität spielerisch zu nähern. Durch kommunikative, experimentelle bis hin zu künstlerischen Techniken mit gleichaltrigen Gruppenteilnehmern können sie viel für sich mitnehmen. Sie lernen nicht nur, sich zu reflektieren, ein positives Selbstvertrauen aufzubauen und empathischer für soziales Miteinander zu werden. Sie können sich durch die theaterpädagogische Arbeit auch von den Zwängen ihres Milieus lösen sowie individuelle freie Lebensentwürfe und neue Teile ihrer Identität entwickeln.
Mehr als nur Drama, baby!
Die spielerische Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung der jungen Männer sind als Ausbildungsprozess konzipiert. Er dauert zwischen 6 und 9 Monate und wird von zwei Gruppenleitern begleitet, die den gleichen Herkunftsbackground wie ihre Schüler haben. Bei der HEROES® Steiermark Ausbildung geht es aber nicht nur um „Drama, baby!“. Sondern immer auch darum, sich respektvoll auf Augenhöhe miteinander auszutauschen. Während es anfangs um allgemeine Themen wie Freundschaft, Schule oder Liebe gehen kann, werden im Verlauf der Ausbildung weitere Themen systematisch eingeführt: von Ehre, Gleichberechtigung und Integration, über Identität, Sexualität und Bildung, bis hin zu Gleichberechtigung, Gewalt und Religion.
Heroes arbeiten an der Gleichberechtigung und Dekonstruktion der patriarchalen Rollenzuschreibungen, indem sie die Funktion der Vorbilder bei Peers übernehmen. Dieser Ansatz ermöglicht es, mit Jugendlichen in einen Resonanzdialog zu treten und auf ihre Interessen zu (re)agieren.
Emina Saric, MA, Projektleitung HEROES® Steiermark – Gegen Unterdrückung im Namen der Ehre.
Im Namen der Menschenrechte
Durch ihre Ausbildung zu emanzipierten Heroes werden die jungen Männer auch zu gesellschaftlich anerkannten Multiplikatoren. Im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung erhalten sie ihr offizielles Heroes-Zertifikat – und können anschließend an Schulen und Jugendeinrichtungen eigene Peer-to-Peer-Workshops veranstalten: Was sie zuvor an reflektierten Haltungen entwickelt und an demokratischen Werten erkannt und angenommen haben, geben sie nun anderen Menschen weiter. Schließlich gibt es zu ehrkulturellen Traditionen wie Gewalt gegen Frauen, Zwangsverheiratung oder Geschlechtertrennung immer alternative Lösungswege und neue Perspektiven. Anstatt jene im Namen der Ehre nur solche im Namen eines partnerschaftlichen, gleichstellungsorientierten und gewaltfreien Geschlechter- und Generationenverhältnis auf Basis der Menschenrechte.
Integration ausgezeichnet
HEREOS® Steiermark ist eingebettet in ein transnationales Heroes-Netzwerk aus 6 deutschen und 2 österreichischen Projekten. Es wird durch das österreichische Bundeskanzleramt, das Land Steiermark sowie die Stadt Graz kofinanziert – und leistet ausgezeichnete Arbeit: Im Rahmen des Intercultural Achievement Award hat HEREOS® 2020 den Sonderpreis für Integration in Österreich erhalten. Da können wir nur sagen: Bitte weiter so im integrativen und gewaltpräventiven Bühnenprogramm!
Für die Helden von morgen
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